Am vergangenen Dienstag fand auf Anregung von Frau Kalmes von der Schule für Kranke und unter Leitung von Herrn Fackler, dem Seelsorger der Kinderklinik im Klinikum Dritter Orden, die erste Adventsandacht eigens für das TCE statt. Die jüngeren Patientinnen hatten die Andacht gemeinsam mit Frau Kalmes und Herrn Fackler inhaltlich vorbereitet, eine Patientin aus der Gruppe der Älteren begleitete uns mit ihrem wunderbaren Klavierspiel durch den Abend.
Im Mittelpunkt des Abends stand ein Bild von Beate Heinen, das die Heiligen Drei Könige mit ungewöhnlichen Gaben zeigte: Der eine hielt ein Papier – wie wir später erfuhren, war es ein Zeugnis mit dem Vermerk „Ungenügend" –, der zweite brachte einen zerbrochenen Becher, die Scherben seines Lebens, und der dritte zog sich eine lächelnde Maske vom Gesicht, hinter der sein ganzer Kummer zum Vorschein kam. Eine ganz neue Erfahrung: nicht Gold, Weihrauch und Myrrhe, sondern die Brüche und Beschwernisse unseres Lebens dem Christuskind darzubringen. Darin liegt, so erläuterte uns Herr Fackler, das Geheimnis von Weihnachten: Gott kommt als Kind ohne Macht in unsere Welt und nimmt uns in unserer ganzen Unvollkommenheit an.
Auch wir selbst durften uns aus einem Körbchen eine Tonscherbe nehmen und diese, beladen mit unseren eigenen Verlusten, Krisen und Kümmernissen, zu den Geschenken vor dem Weihnachtsbaum legen. Ein Text aus dem Alten Testament (Jesaja 55) erinnerte uns daran, wie wichtig es ist, sich auf das zu besinnen, was uns wirklich nährt und satt macht. Es ist nicht nötig – und wäre auch zum Scheitern verurteilt – nach Perfektion zu streben, um Gott in seiner himmlischen Herrlichkeit nahe zu sein, denn er ist Mensch geworden und hat unter uns gelebt. Er nimmt uns so, wie wir sind.
Zuletzt erzählte Herr Fackler uns noch von einem japanischen Brauch, dem „Kintsugi", zu Deutsch „Goldreparatur". Wenn eine wertvolle Keramikschale in Scherben zerbricht, wird sie wieder zusammengefügt. Nicht ohne sichtbare Risse, das wäre ja unmöglich, aber die Bruchstellen werden nicht nur mit besonderem Kitt und Lack geflickt, sondern auch mit Goldstaub. So wirken die Brüche besonders kostbar, das ganze Gefäß ist neu und anders, es glänzt sogar. Jede wiederhergestellte Schale zeigt: Ich bin gebrochen, an verschiedenen Stellen. Ich habe vieles überstanden. Es hat Mühe und Zeit gekostet, wieder ganz zu werden, wieder neu gefüllt werden zu können. Aber genau das macht mich einzigartig.
Diese wundervollen Gedanken möchte ich Euch gerne für die kommenden Feiertage mit auf den Weg geben.
Im Namen des gesamten TCE-Teams wünsche ich Euch ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest!
Dr. Karin Lachenmeir ist Psychologische Psychotherapeutin und seit 2002 im TCE tätig, seit 2008 als Leiterin der Einrichtung. Sie ist approbierte Verhaltenstherapeutin und hat Weiterbildungen in Körpertherapie und Systemischer Beratung absolviert. Seit 2011 ist sie zudem als Dozentin und Supervisorin für verschiedene Münchner Weiterbildungsinstitute tätig. Am TCE hat sie die Verantwortung für alle personellen, organisatorischen und fachlichen Fragen. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten lesend oder schreibend, auf ausgedehnten Spaziergängen, im Kino, im Theater oder auf Reisen.